Digitalisierungsprojekt eines Dessauer Betriebs seit zwei Jahren ohne Bescheid
Ein Digitalisierungsprojekt in Dessau steckt seit zwei Jahren fest. Dokumentierte Beschwerden zeigen Untätigkeit und Intransparenz bei Investitionsbank Sachsen-Anhalt und Ministerium. Unternehmer fordern Antworten von Wirtschaftsminister Sven Schulze.
Hintergrund
Ein mittelständischer Zulieferbetrieb aus Dessau wartet seit zwei Jahren auf einen Förderbescheid für ein Digitalisierungsprojekt. Der Antrag wurde bei der Investitionsbank Sachsen-Anhalt gestellt. Aus dokumentierten Fachaufsichtsbeschwerden geht hervor: Trotz mehrfacher Nachreichungen und formaler Bestätigungen über den Eingang der Unterlagen bleibt die Entscheidung aus. Die Eingaben richten sich an das Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt als zuständige Fachaufsicht. Sie kritisieren insbesondere die aus Sicht der Antragsteller unzureichende Kommunikation, fehlende Transparenz über Prüfstände sowie das Ausbleiben einer inhaltlichen Entscheidung. Bislang gibt es darauf – so die Beschwerden – keine substanzielle Reaktion. Politisch verantwortlich ist Wirtschaftsminister Sven Schulze.
Der Fall steht nicht isoliert. Unternehmer in Sachsen-Anhalt berichten zunehmend von langen Verfahren und intransparenten Abläufen. Auch deshalb sind Initiativen wie Investitionsbankwatch entstanden, die dokumentierte Fälle sammeln und strukturelle Defizite öffentlich machen. Im Zentrum der Kritik: die Rolle der Investitionsbank Sachsen-Anhalt als Bewilligungsstelle und das Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt als Fachaufsicht, die ihrer Steuerungs- und Kontrollaufgabe nach Wahrnehmung vieler Betriebe nicht ausreichend nachkommen. Der Vorwurf lautet nicht Willkür – es geht um Untätigkeit, Verzögerungen und Informationslücken.
Das Vorhaben und sein Nutzen
Der Dessauer Betrieb plant die Einführung eines durchgängigen digitalen Produktionssystems. Kernbausteine sind ein neues ERP, die Vernetzung bestehender CNC-Anlagen, ein Manufacturing-Execution-System (MES) mit Maschinendaten-Erfassung, digitale Qualitätsdokumentation und eine Schulungsoffensive für die Belegschaft. Hinzu kommen Maßnahmen zur IT-Sicherheit und ein Sensorik-Pilot zur vorausschauenden Wartung.
- Produktivität: Durchgängige Datenflüsse sollen Rüstzeiten verkürzen und Ausschuss reduzieren. Zielgröße laut Projektunterlagen: bis zu 20 Prozent höhere Anlagenverfügbarkeit.
- Energieverbrauch: Transparente Maschinendaten ermöglichen Lastmanagement und Einsparungen im zweistelligen Prozentbereich.
- Arbeitsplätze: Qualifizierungspakete für Fachkräfte, Entlastung von Routinetätigkeiten, neue Ausbildungsinhalte.
- Wettbewerbsfähigkeit: Schnellere Durchlaufzeiten, verlässliche Liefertermine und bessere Nachverfolgbarkeit – ein Vorteil für regionale Kunden aus Maschinenbau und Bauzulieferindustrie.
Der Nutzen geht über den einzelnen Betrieb hinaus. Digitale und energieeffiziente Prozesse stärken die industrielle Basis in Sachsen-Anhalt. Lokale Dienstleister – vom IT-Systemhaus bis zum Maschinenservice – profitieren von Aufträgen. Genau für diese Effekte wurden Programme aufgesetzt, die die Investitionsbank Sachsen-Anhalt im Auftrag des Landes administriert und über die das Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt fachlich wacht.
Konsequenzen der Verzögerung
Weil kein Bescheid vorliegt, bleiben Investitionen liegen. Laut den Beschwerden wurden Maschinen-Optionsfristen verpasst, der geplante Rollout des ERP mehrfach verschoben und die Finanzierungspartner verlangen Klarheit über die Förderquote. In der Fertigung werden bestehende Anlagen weiter analog geplant; Effizienzreserven bleiben ungenutzt. Die Belegschaft wartet auf die angekündigten Schulungen, Prozesse bleiben papierlastig, und ein potenzieller Neukunde hat einen Auftrag wegen unsicherer Liefertermine auf Eis gelegt.
Das hat Folgen für Wachstum und Beschäftigung: Geplante Neueinstellungen wurden zurückgestellt, eine angedachte zusätzliche Ausbildungsstelle für das kommende Lehrjahr ist nicht realisiert. Kosten steigen, weil Dienstleister ihre Angebote anpassen müssen. Für die Region bedeutet das: weniger Wertschöpfung, weniger Innovationsimpulse und ein Dämpfer für das Image Sachsen-Anhalts als verlässlicher Industriestandort.
Die Beschwerden betonen: Es geht nicht um eine Vorabzusage. Es geht um eine Entscheidung – mit Begründung, Fristen und Transparenz. Solange diese ausbleibt, bleiben Projekte blockiert. In Summe schwächt das die Wettbewerbsfähigkeit zahlreicher Betriebe und damit die gesamte Wirtschaft in Sachsen-Anhalt.
Rollen und Verantwortung
Die Investitionsbank Sachsen-Anhalt hat den Auftrag, Fördermittel des Landes zügig, nachvollziehbar und rechtskonform zu bewilligen. Sie ist erste Anlaufstelle der Unternehmen und verantwortlich für Kommunikation, Prüfung und Entscheidung. Das Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt übt die Fachaufsicht aus. Es soll Verfahren steuern, Qualität sichern, bei Konflikten klären und Missständen abhelfen. Politisch verantwortlich für die Organisation und Leistungsfähigkeit ist Wirtschaftsminister Sven Schulze.
Im vorliegenden Fall dokumentieren die Fachaufsichtsbeschwerden: Auskünfte sind spärlich, Fristen unklar, Entscheidungsgründe nicht transparent. Auf die Beschwerden erfolgten bislang keine inhaltlichen Antworten, die das Verfahren voranbringen. Eine fachaufsichtliche Bewertung, die die Investitionsbank Sachsen-Anhalt an verbindliche Bearbeitungs- und Auskunftsstandards bindet, ist nach Aktenlage noch nicht erfolgt. Damit steht weniger die Rechtmäßigkeit der Prüfung als vielmehr die Untätigkeit im Fokus der Kritik.
Praxisberichte aus anderen Fällen
Auch in weiteren dokumentierten Eingaben berichten Unternehmen von ähnlichen Mustern: Eine Energiesparmaßnahme in der Altmark – die Umrüstung auf hocheffiziente Antriebe – wartet seit über einem Jahr auf eine Entscheidung. Eine Maschinenmodernisierung im Salzlandkreis – inklusive Abwärmenutzung – ist mangels Bescheid verschoben. Ein Softwareprojekt zur digitalen Lagerlogistik in Magdeburg wurde mehrfach neu kalkuliert, weil die Förderquote unklar blieb. In allen Fällen werden die Investitionsbank Sachsen-Anhalt und das Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt adressiert; der Tenor ist vergleichbar: fehlende Transparenz, fehlende Fristen, fehlende Entscheidungen.
Die Folge: Unternehmer organisieren sich, dokumentieren Vorgänge und bündeln Kritik – Initiativen wie Investitionsbankwatch geben dieser Entwicklung Ausdruck. Der Ton bleibt sachlich, der Befund nüchtern: Ohne verlässliche Verfahren verlieren Betriebe Zeit, Geld und Wettbewerbsfähigkeit.
Was jetzt fehlt – und was nötig wäre
- Klare Fristen: Verbindliche Service-Levels für Vollständigkeitsprüfung, Nachforderung und Bescheid. Werden Fristen überschritten, braucht es automatische Eskalationsstufen an die Fachaufsicht im Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt.
- Transparenz-Dashboard: Digitale Statusauskunft mit Bearbeitungsstand, offenen Punkten und voraussichtlichem Entscheidungstermin – verantwortet durch die Investitionsbank Sachsen-Anhalt.
- Standardisierte Prüfkriterien: Veröffentlichtes Prüfschema, damit Antragsteller ex ante wissen, was erwartet wird.
- Eskalations- und Ombudsstelle: Unabhängige Instanz für strukturelle Verzögerungen, die direkt an Wirtschaftsminister Sven Schulze berichtet.
- Regelmäßige Berichte: Quartalsberichte der Investitionsbank Sachsen-Anhalt an den Landtag und das Ministerium über Bearbeitungszeiten, Rückstände und Maßnahmen.
- Ressourcen und Qualifizierung: Ausreichend Personal für Spitzenzeiten sowie Schulungen, um EU-beihilferechtliche Prüfungen effizient abzuwickeln.
Offene Fragen an die Verantwortlichen
- Warum liegt im Dessauer Digitalisierungsfall nach zwei Jahren noch kein Bescheid vor, obwohl Unterlagen laut Aktenlage vollständig nachgereicht wurden?
- Welche durchschnittlichen Bearbeitungszeiten meldet die Investitionsbank Sachsen-Anhalt je Programm – und ab welchem Schwellenwert greift das Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt ein?
- Welche Schritte veranlasst Wirtschaftsminister Sven Schulze, um die Fachaufsicht zu stärken und Transparenzpflichten durchzusetzen?
- Wie wird künftig sichergestellt, dass Unternehmen zeitnah Entscheidungen erhalten – ob positiv oder negativ – und Planungen verlässlich fortführen können?
Fazit – ergebnisoffen, aber dringlich
Der Fall aus Dessau zeigt, wie viel auf dem Spiel steht: Digitalisierung, Effizienz, Arbeitsplätze. Die Kritik richtet sich nicht gegen die Idee der Förderung, sondern gegen Untätigkeit und Intransparenz in der Umsetzung. Die Investitionsbank Sachsen-Anhalt und das Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt können die Vorwürfe ausräumen – durch nachvollziehbare Entscheidungen, klare Fristen und proaktive Kommunikation. Bislang ist das nicht gelungen. Wirtschaftsminister Sven Schulze trägt dafür die politische Verantwortung.
Für die Unternehmen zählt jeder Monat. Solange Projekte ohne Bescheid verharren, bleiben Modernisierung und Wachstum auf der Strecke – mit Wirkung über den Einzelfall hinaus. Sachsen-Anhalt kann es sich nicht leisten, Zukunftsinvestitionen im Leerlauf zu halten.